Vielfalt feiern

Wie soll ich mich verhalten?

Lilly, 16, kommt nach den Sommerferien mit Braids in die Schule. Ihr neuer Look sorgt für Aufsehen. Lillys Freundin Melina ist begeistert: „Hammer! Sogar noch besser als auf deinen Posts!“

Hinweis: Es handelt sich um eine fiktive Geschichte basierend auf Berichten und Erfahrungen von Betroffenen.

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Wie soll ich mich verhalten?

Ihr Kumpel Robin dagegen lästert: „Machst du jetzt auf richtig cool? Kannst du jetzt auch cool tanzen?“ Einige Jungs lachen.

Lilly: „Problem damit? Ich trau‘ mich wenigstens, so zu sein, wie ich bin und wie ich mich fühle.“ Tom findet das völlig okay: „Das ist doch auch ein Zeichen für Toleranz!“

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Wie soll ich mich verhalten?

Kim sieht das kritisch und wird fast sauer: „Lilly kann jetzt mit Sicherheit nicht besser tanzen. Die Braids trägt sie nur, weil sie hip sein will – das hat nichts mit Toleranz zu tun. Ich bin Schwarz. Ich bin so, wie ich bin – und das ist nicht immer leicht.“

Eine Diskussion entsteht. Lilly entgegnet: „Hä, was wollt ihr jetzt alle von mir? Ist doch nur eine Frisur!“ Susan erklärt: „Das ist halt eigentlich eine Afrofrisur. Die haben eine Geschichte und sind nicht einfach nur ein Style.“

Lilly trägt jetzt Braids – ein Problem?

Darf man als weiße Person Braids und Afrofrisuren tragen? Lilly und ihre Freundinnen und Freunde diskutieren noch lange. Viele andere Themen kommen dabei auf, ganz unterschiedliche Meinungen – und immer wieder die Frage: Darf/Sollte man das machen, wenn man nicht zu der ursprünglichen Kultur gehört?

Hinweis: Die nachfolgenden Personen und Aussagen sind fiktiv.

Lilly

„Was soll an Braids nicht ok sein? Viele Influencerinnen und Influencer sind auch weiß und tragen sie, deshalb bin ich auf die Idee gekommen. Ich meine: Es ist doch nur eine Frisur! Meine Frisur!“

Robin

„Weiße profitieren vom Afrolook, wirken cool, kriegen mehr Klicks. Aber sie müssen niemals selbst erfahren, was es bedeutet, aufgrund der Hautfarbe diskriminiert zu werden.“

Kim

„Solidarität ist etwas anderes, als Styles nur nachzumachen. Man sollte sich wenigstens mit den Hintergründen und der Bedeutung dieser Frisuren auseinandersetzen.“

Melina

„Wenn Lilly sich für eine typisch afrikanische Frisur entscheidet, heißt das doch gerade, dass sie afrikanische Kultur gut findet und eben nicht rassistisch ist.“

Tom

„Wir leben in einer globalen Welt, können global kommunizieren. Klar, dass man dann kulturelle Merkmale austauscht: Musik, Essen, Kleidung, Weltanschauungen. Das ist ein Zeichen für Weltoffenheit.“

Susan

„Für Schwarze Menschen geht es nicht nur um Style. Afrofrisuren sind ein Signal, um zu zeigen: Ich bin mir meiner Herkunft bewusst und pflege meine Wurzeln. Wenn weiße das nachmachen, wird alles leer und bedeutungslos.“

Kulturelle Aneignung – was ist das eigentlich?

Über Afrofrisuren bei weißen Menschen wird viel diskutiert. Dabei fällt häufig der Begriff  „kulturelle Aneignung“, auf Englisch „cultural appropriation“. Aber was ist eigentlich damit gemeint?

Laut Cambridge Dictionary ist kulturelle Aneignung „die Handlung, Dinge einer Kultur zu verwenden oder zu entnehmen, die nicht die eigene ist, vor allem ohne zu zeigen, dass man die Kultur verstanden hat oder respektiert“.

Laut Oxford Dictionary ist es „die Handlung, Gewohnheiten oder Traditionen einer bestimmten Kultur oder Gruppe durch jemanden zu kopieren oder zu nutzen, der einer dominanteren (= mächtigeren) Gruppe der Gesellschaft angehört“.

Was ist kulturelle Aneignung?

Immer wieder hört man von den Diskussionen zum Thema kulturelle Aneignung. Aber was kann kulturelle Aneignung konkret bedeuten? Das Video stellt verschiedene Meinungen vor.

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"Was ist kulturelle Aneignung | maintower", veröffentlicht am 5.09.2022 von "hrfernsehen"

„Okay oder nicht okay?“ – Wie denkst du darüber?

Kettenanhänger: Hand der Fatima
shutterstock/Antonio Rico

Kulturelle Symbole als Modeaccessoires: Die Hand der Fatima, ein Schutzsymbol im islamischen Volksglauben, als Schmuck tragen?

Fußball-Fans tragen Kopfschmuck der indigenen Bevölkerung Amerikas.
Imago Images/ActonPictures

Traditionelle Kleidung indigener Menschen als Kostüm: Sich als „Indianer“ zum Spaß und zur Unterhaltung verkleiden?

goldene Buddha-Figur
Imago Images/Apress

Kulturelle Symbole als modische Dekoration: Die Buddha Figur ist ein Abbild des historischen Buddhas, der Religionsstifter des Buddhismus. Die Buddha-Figur als Deko verwenden?

Ein Mann ist verkleidet und hat sich das Gesicht schwarz geschminkt.
Shutterstock/Cnaan Liphshiz

Blackfacing: Das Gesicht als Verkleidung schwarz anmalen?

Respekt und Toleranz

Wir leben in einer vielfältigen Gesellschaft. Es gehört zu unseren Werten, alle Menschen gleich zu behandeln – egal, welche Hautfarbe, Nationalität, Religion, Kultur, welches Geschlecht oder welche sexuelle Orientierung jemand hat. Um das umzusetzen und zu leben, müssen wir alle Toleranz, Offenheit und Einfühlungsvermögen zeigen.

Natürlich tauschen wir uns auch aus: Wir vermischen eigene und fremde Traditionen und machen etwas Neues daraus (kultureller Austausch). Dabei sollten wir Merkmalen anderer Kulturen mit dem gleichen Respekt und Feingefühl begegnen wie den eigenen.

Shutterstock/melitas

Rassistisch oder Modetrend?

Wenn über kulturelle Aneignung gesprochen oder gestritten wird, geht es oft um Braids. Was viele nicht wissen: Braids & Co. haben eine lange und spannende Geschichte – und sind viel mehr als „nur“ ein modischer Style.

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"Das haben Braids, Cornrows und Co. mit Versklavung zu tun | Say what", veröffentlicht am 1.12.2021 von "Say what - Trends erklärt"

Mehr als nur ein Style: Ich trage meine Frisur, weil...

Hinweis: Die nachfolgenden Personen sind fiktiv und ihre Positionen beruhen auf Erfahrungen und Berichten.

Mann mit Dreadlocks.

Ich trage meine Dreadlocks, weil ...

… ich stolz auf meine jamaikanischen Wurzeln bin. Für meine Vorfahren hatten Dreads eine spirituelle Bedeutung – sie sind Teil meiner Geschichte, meiner Herkunft. Mein Vater trug keine Dreads, um hier in Deutschland akzeptiert zu werden. Ich möchte zeigen: Ich trage Dreadlocks und bin trotzdem Teil Deutschlands.

Junge Frau mit Buns.

Die Frisur, die ich trage, heißt...

… „Bantu Knots“ – nach einer Volksgruppe im Süden Afrikas. Meine Mutter besitzt einen Afro-Salon in Potsdam. Afrikanische Haare brauchen besondere Pflegemittel und Flechtfrisuren schützen unser empfindliches Haar. Meine Mutter kennt sehr viele traditionelle afrikanische Frisuren. Afro-Frisuren zu flechten, dauert oft viele Stunden. Dabei reden wir viel, lachen und besprechen Probleme. Für mich ist das etwas Intimes, Familiäres, weil uns etwas Gemeinsames verbindet.

Frau mit Afro-frisur

Lange Zeit habe ich meine Haare...

… gehasst. Ich wollte feine, glatte, glänzende Haare haben, weil es das Schönheitsideal ist. Ich habe meine Haare dauernd geglättet, auch chemisch, bis sie total kaputt waren. Ich habe dabei gegen mich selbst gekämpft. Jetzt stehe ich zu meinen Haaren, wie sie sind: Natürliche Haare sind freie Haare. Und: Afrohaare sind schön!

Junge Frau mit Braids.

Ich trage meine Braids mit...

… Stolz. Denn: Haare sind nicht nur Haare – sie sind Teil einer Kultur, die lange unterdrückt, ja „abrasiert“ wurde. Während der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in den 1950er- und 1960er-Jahren waren Braids ein Symbol Schwarzer Identität und Schwarzer Freiheit. Wenn ich sie heute trage, dann sollen sie zeigen: Ich bin stolz darauf, wer ich bin.

Junge mit Cornrows

In meiner Familie tragen viele...

… Männer solche Cornrows. Mein Bruder hat mir erzählt, dass früher Versklavte geheime Botschaften durch bestimmte Flechtmustern weitergaben, zum Beispiel Fluchtrouten aus der Sklaverei. Wie krass ist das denn? Und hey: Das sieht auch cool aus! Etwas Besonderes, das man fast nur mit Afro-Haaren machen kann.

Hat dir schon jemand ungefragt in die Haare gegriffen?

Über 90 Prozent der Schwarzen Menschen in Deutschland haben schon Erfahrungen damit gemacht, dass ihnen andere Menschen ungefragt in die Haare gegriffen haben. Das hat die Befragung „Afrozensus 2020“ ergeben. Ein solches ungefragtes Berühren ist eine Grenzüberschreitung. Viele Betroffene erklären, dass so ein Verhalten ihnen signalisiert: „Du bist anders, fremdartig, keiner ‚von uns‘!“ (Othering).

Quelle: Afrozensus 2020; Umfrage unter 2359 Teilnehmer*innen

Musik über kulturelle Aneignung

Die Rapperin Nashi44 spricht in ihrer Musik unter anderem auch über kulturelle Aneignung und anti-asiatischen Rassismus und Vorurteile, die sie als Deutsch-Vietnamesin erlebt.

In einem Interview sagt sie: „Ich bin die letzte, die sagt: Du darfst das nicht und du darfst das nicht. Das will ich überhaupt nicht mit meinem Song aussagen. Es geht mir darum – und so versuche ich durchs Leben zu gehen – mich bewusster mit Sachen auseinanderzusetzen, bevor ich sie mir einfach aufsetze.“

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"NASHI44 - Nails, Lashes, Bubble Tea", veröffentlicht am 25.02.2022 von "NASHI44"

Trends aus anderen Kulturen - Tabu oder total in Ordnung?

Diese Tipps können dir helfen, Trends zu hinterfragen und zu entscheiden, was in Ordnung ist und was nicht. *Handlungsempfehlungen nach Glanz & Natur

Informiere dich:

Bevor du unüberlegt auf einen Trend aufspringst, überlege dir: Woher kommt diese Kleidung, Schmuck, Frisur? Welche Bedeutung hat es in der jeweiligen Kultur und was ist dessen Geschichte?

Frage dich:

Wird gerade etwas an dir gefeiert, was an anderen abgewertet wird?

Überlege vorher:

Willst du dich als Person einer kulturellen Gruppe verkleiden? In diesen Kostümen können sich rassistische Stereotype widerspiegeln.

Reflektiere dich:

Mach dir deine Privilegien bewusst. Du besitzt mehr Privilegien als weiße als eine nicht-weiße Person. Nur wenn dir das bewusst ist, kannst du solidarisch sein und Empathie zeigen.

Solidarisiere dich:

Akzeptiere die Grenzen der Person, deren Kultur du gerade in einem Trend aufgreifst. Im Fokus stehen die Empfindung und Sichtweise der betroffenen Person und nicht deine Absichten. Tausche dich mit der Person aus und höre ihr zu, was sie zu sagen hat – oder informiere dich im Internet.

Shutterstock/Monkey Business Images

Medientipp: Eine bunte Gesellschaft – so geht das!

Was braucht man, um zusammen in einer vielfältigen Gesellschaft zu leben? Offenheit und Respekt auf jeden Fall – und eine gesunde Portion Empathie und Neugier. Das gilt für alle Seiten: Für Menschen, deren Vorfahren immer schon hier lebten und auch für Eingewanderte gegenüber der Kultur, in der sie jetzt leben.

Interesse an anderen Kulturen ist wichtig – aber wir können auch Menschen verletzen, indem wir ihre Kultur unüberlegt kopieren. Wie es funktionieren kann, dass wir voneinander lernen und uns austauschen, zeigen diese Projekte, Ideen und Initiativen:

Über den Tellerrand e.V

Gemeinsam kochen, gemeinsam essen, sich kennenlernen – über den kulturellen Tellerrand hinaus. Mehr Infos.

Integration durch Sport – Brandenburg

Ein Programm das kulturelle Vielfalt und den Abbau von Berührungsängsten und (Sprach-)Barrieren abbaut. Mehr Infos.

Each One Teach One (EOTO) e.V.

Communitybasiertes Bildungs- und Empowerment-Projekt zur Rassismusprävention. Mehr Infos.

YouTube-Channel „Datteltäter“

Satire über Vorurteile gegen Muslime in Deutschland. Mehr Infos.

CHAT der WELTEN Brandenburg

Projekte von Engagement Global und direktem Austausch mit Schulklassen aus dem Globalem Süden. Mehr Infos.

Übersichtskarte der Initiative Bündnis für Brandenburg

Regionale und lokale Initiativen und Projekte. Mehr Infos.